Deutschlands Sicherheit steht auf dem Spiel
In den vergangenen Wochen ist es abseits der alles überlagernden Corona-Krise zu mehreren bemerkenswerten Entwicklungen in der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik gekommen, die zeigen, dass trotz aller Sonntagsreden und Bekenntnisse das Thema Sicherheit für viele Politiker lediglich von nachgeordneter Wichtigkeit ist oder sogar für den eigenen Machtanspruch geopfert wird.
Als im letzten April Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer den Kauf von 45 F18-Kampfjets als Ersatz für die altersschwachen Tornado-Jagdbomber der Luftwaffe bei ihrem US-amerikanischen Amtskollegen in Aussicht stellte, war die Empörung in Reihen von SPD und Opposition groß. Die Ministerin sei ohne vorherige Absprache vorgeprescht und durch den Kauf amerikanischer Rüstungsgüter würde sie nur Präsident Donald Trump gefallen wollen. Kurz darauf stellte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich sogar die nukleare Teilhabe Deutschlands insgesamt infrage, für die die F18-Kampfjets nämlich dringend benötigt werden, um im Ernstfall amerikanische Atomsprengköpfe an ihren Zielort zu bringen. Durch diese Fundamentalkritik setzt der SPD-Fraktionsvorsitzende mit Unterstützung der neuen Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans national und international allerdings ein gefährliches politisches Zeichen. Denn unabhängig davon, ob die nukleare Teilhabe, so wie sie im Moment funktioniert, aufgrund militärisch-politischer Entwicklungen in den vergangenen Jahren noch sinnvoll ist, ist ein militärisches Bündnis wie die NATO nur dann wertvoll, wenn potenzielle Gegner sehen, dass alle Mitgliedsländer geschlossen zusammenstehen und dadurch ein glaubhaftes Abschreckungspotential bieten. Wenn jedoch ein so wichtiges Land wie Deutschland ausschert, keinen angemessenen militärischen Beitrag zum Bündnis leistet und sich nicht an politische Vereinbarungen gebunden fühlt, riskiert es damit die Sicherheit aller. Durch die Weigerung, rechtzeitig modernes Material für die Bundeswehr bereitzustellen und wichtige Entscheidungen lieber auszusitzen, verliert die SPD vor allem bei deutschen Soldaten jegliche übriggebliebene Glaubwürdigkeit. Ein anderes prominentes Beispiel ist die Beschaffung bewaffneter Drohnen zum Schutz von Bundeswehrsoldaten im Einsatz. Die entsprechende Diskussion wird bereits seit über acht Jahren geführt, alle wichtigen Argumente wurden ausgetauscht. Doch ideologische Engstirnigkeit führt dazu, dass deutsche Soldaten im Einsatz, beauftragt durch den Bundestag, immer noch gefährdeter sind als sie es sein müssten.
Ein anderer bemerkenswerter Vorgang war die fragwürdige Wahl von Eva Högl zur neuen Wehrbeauftragten als Nachfolgerin von Hans-Peter Bartels. Dieser war als ehemaliger Vorsitzender des Verteidigungsausschusses als Fachpolitiker parteiübergreifend anerkannt und hat sich während seiner Amtszeit als Wehrbeauftragter durch seine klaren Worte den Respekt vieler in der Bundeswehr verdient. Bartels selbst war motiviert, sein Amt für eine weitere Periode fortzusetzen. Als innerparteilicher Konkurrent stellte sich ihm als erstes der Haushaltspolitiker und Oberst der Reserve Johannes Kahrs entgegen. Statt einen dieser beiden Fachmänner zu nominieren, entschied sich Fraktionsvorsitzender Rolf Mützenich jedoch für Eva Högl, einer Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis Berlin-Mitte, die bislang keine größeren Berührungspunkte mit dem Militär hatte und deren eigener Landesverband im letzten Jahr einen Beschluss fasste, der es der Bundeswehr verbietet, an Berliner Schulen zu werben. Was die Bundeswehr im Übrigen gar nicht tut. Diese Entscheidung Mützenichs erweckte den starken Eindruck, dass es bei dieser Entscheidung also nicht in erster Linie um das Wohl der Soldaten ging, sondern vielmehr darum, einen innerparteilichen Machtkampf auszutragen in Vorbereitung eines weiteren Linksschwenks der SPD zur Bildung einer Koalition mit Linken und Grünen. Die dadurch entstandene Beschädigung des weltweit einzigartigen Amts des Wehrbeauftragten wurde dabei billigend in Kauf genommen. Dass die Abgeordneten von CDU und CSU dies mehrheitlich mitgetragen haben, ist umso bedauerlicher.
Der jüngste Vorgang, der die deutsche Sicherheitspolitik massiv beeinflussen wird, war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur strategischen Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes vergangene Woche. Dieses hält fest, dass diese Arbeit des BND zwar im überragenden Interesse der Bundesrepublik steht, jedoch unter der Maßgabe erfolgen muss, dass deutsche Grundrechte auch für Ausländer im Ausland zu gelten haben. Dadurch, dass der BND bei seiner Auslandsaufklärung nun auch das deutsche Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis berücksichtigen muss, führt es dazu, dass der Nachrichtendienst nur noch deutlich eingeschränkter an Informationen gelangt, die für die Sicherheit deutscher Bürger lebensnotwendig sein können. Dies hat zudem die Folge, dass der BND nun weniger Informationen seinen Partnerdiensten zu Verfügung stellen kann und damit im Gegenzug auch weniger andere Informationen erhält. Doch gerade die internationale Kooperation ist im Bereich der Nachrichtendienste von höchster Bedeutung, denn viele Anschläge in Deutschland konnten nur aufgrund von Hinweisen ausländischer Dienste verhindert werden. Ob die Verfasser des Grundgesetzes dieselbe Rechtsauffassung hatten, darf zumindest hinterfragt werden. Und ist die Entscheidung des Gerichts nicht viel zu anmaßend, wenn es den Anspruch stellt, deutsches Gesetz gelte weltweit? Der ehemalige BND-Präsident Gerhard Schindler spricht in diesem Zusammenhang sogar von „Rechtsimperialismus“. Auf jeden Fall sind all diese Entwicklungen der letzten Wochen ein Spiel mit der Sicherheit Deutschlands.
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