Bei der Frage DIE Antifa zu verbieten, erregen sich in letzter Zeit erheblich die Gemüter. Dabei ist der Vorschlag des niedersächsischen Innenministers eigentlich ein guter: Gewaltbereite „antifaschistische“ Gruppen einer verfassungsrechtlichen Prüfung zu unterziehen. Heute reagiert die politische Linke geradezu allergisch, sobald „Verbot“ und „Antifa“ in einem Satz fallen. Es beginnt damit, dass eine Welle der Entrüstung über vorwiegend liberale und konservative Politiker ergeht und sehr schnell wird die Nazikeule geschwungen. Eine Nähe von FDP und Union zu rechtsextremen Kreisen wird unterstellt, die vorherrschende Presse springt mit auf den Zug. Dass Verfassungsfeindlichkeit und Linksterrorismus mit entsprechenden Gruppen teils einhergeht wird totgeschwiegen. Spricht man diese Thematik an und bekennt sich als Gegner von Zerstörung des Privateigentums, wird man von vermeintlichen „Investigativkommissaren“ der politischen Linken als bekennender Nationalsozialist gebrandmarkt. Kurzum: Die politische Debatte um den Antifaschismus ist vergiftet von Populismus, Lügen, Denunzierung. Man könnte meinen, man habe Goebbels Tagebücher gelesen. Wer sich gegen die Maxime der „Antifaschistischen Aktion“ stellt, wird von der Debatte, die nicht mal stattfindet, kategorisch ausgeschlossen. Aber es geht noch weiter: Bekennende „Antifaschisten“ – wie etwa der Berliner Juso Bengt Rüstemeier – fordern in den Sozialen Medien die Erschießung von Jungliberalen. Währenddessen skandieren Mitglieder von Jusos, Grüner Jugend und Linksunten, sich entschieden gegen Extremisten zu stellen. Bravo! Dieses Bravo kann man sich allerdings schenken, denn im nächsten Halbsatz fordern die selbsterklärten „pazifistischen und solidarischen“ Jugendverbände „Support your Local Antifa“. Dass damit Erinnerungen an die schrecklichen Bilder vom G20-Gipfel 2017 bei so manchem Hamburger Einzelhändler abgerufen werden, scheint nicht wichtig. Wer das kritisiert ist ja schließlich ein Nationalsozialist. Ironisch gemeint, versteht sich.
Doch warum kommt es regelmäßig zu einem öffentlichen Aufschrei, sobald gewaltbereite Antifaschistische Gruppierungen verboten werden sollen? Um dies zu klären, sollte sich der Begriff „Antifaschismus“ genauer angeschaut werden. Der Antifaschismus, in seiner natürlichen Urform, entstand im Italien der 1920er Jahre als Reaktion auf das faschistische Regime unter Benito Mussolini. Dasselbe passierte im Deutschland der 1930er Jahre. Die deutsche Geschichte ist untrennbar mit den Schrecken des Nationalsozialismus und dem schlimmsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit verbunden, dem Holocaust. Auch in diesem Unrechtsstaat bildeten sich bekanntermaßen Widerstandsgruppen. Die Weiße Rose, der Kreisauer Kreis, Offiziere der Wehrmacht oder Privatpersonen wie die Geschwister Scholl und Oskar Schindler, um hier einige Beispiele zu nennen, bezahlten teilweise mit ihrem Leben, um gegen den Unrechtsstaat anzukämpfen und den Mord an Millionen europäischer Juden zu beenden. Aufrechte Antifaschisten eben. 1945 markierte das Ende der faschistischen Regime in Deutschland und Italien. Zweifelsohne liegt der Kern unserer neuen deutschen Demokratie in unserem Grundgesetz. Dieses resultiert aus den Lehren, die unsere Väter des Grundgesetzes, aus dem Zerfall der Weimarer Republik und dem raschen Aufstieg des Nationalsozialismus gezogen haben. Wie Hanau, Halle und München zeigt, ist der Rechtsextremismus noch keinesfalls besiegt. Aber man kann mit Gewissheit sagen, dass die deutliche Mehrheit der deutschen Gesellschaft mit sowas nie wieder zu tun haben möchte. Doch die „antifaschistische“ Linke, bewusst in Anführungszeichen gesetzt, beansprucht seit Jahrzehnten die „Antifaschistische Aktion“ allein für sich. Man kämpfe für ein anderes Deutschland. Ein Deutschland, welches das kapitalistische System überwindet. Ein Deutschland, das sich nicht mehr als Teil des Westens, namentlich der Nato, versteht. Dafür ist die Antifa da, sofern man dem Narrativ der selbsterklärten Vorkämpfer der Antifa folgen mag. Bei dieser sehr verkürzten Darstellung stellt sich allerdings ein besonderer Aspekt heraus: Was hat das mit Antifaschismus zu tun? Genau, gar nichts! Weder ist der Kapitalismus faschistisch, noch ist es die CDU oder der Autor dieser Kolumne. Das entscheidende Problem, dass die „Antifaschistische Aktion“ hat, ist ihr zurecht militantes Image. Wer will sich schon als Antifaschist engagieren, wenn damit Brandstiftung oder gezielte Ausgrenzung von Konservativen oder Liberalen einhergeht? An dieser Stelle darf der Name des Linksintellektuellen Ignazio Silone nicht fehlen: „Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Nein, er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus.“ Auch wenn ich mich mit dieser Aussage nun völlig in das Zentrum eines medialen Shitstorms gewagt habe – ich lasse mich gern auf eine faire Debatte ein – so muss man einfach den radikalen Vergleich wagen. Der Antifaschismus wird missbraucht, um längst vergangenen linksrevolutionären Idealen eine moralische Hülle zu verpassen, um damit eine allgemeingültige Legitimität zu erhalten. Dabei bedienen sich die Aktivisten Methoden, welche denen ähnelt, die man eigentlich bekämpfen möchte. Daher ist es entlarvend, wenn mit einem antifaschistischen Kampf ein Kampf gegen die westlichen Demokratien und dem Wirtschaftssystem einhergeht.
Antifaschismus ist heutzutage genauso wichtig und notwendig wie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Konservative, Liberale, Ökologen, Wirtschaftsverbände, Konzerne, Akademische Einrichtungen etc. sind entschiedene Gegner des Faschismus. Wäre dem nicht so, hätte man ganz andere Mehrheitsverhältnisse in unseren Parlamenten. Ich bin überzeugt, dass sich in der Union mehr „echte“ Antifaschisten finden lassen als in Parteien, die vergangenen Ein-Parteien-Diktaturen hinterherträumen. Nicht umsonst grenzen wir uns in der Jungen Union unter dem Motto „Jeder Extremist ist Mist“ von radikalen Ideologien aller Art entschieden ab.
Halten wir also fest: Die antifaschistische Aktion hat ein Problem mit sich selbst. Es mangelt ihr an Glaubwürdigkeit und ideologischer Vereinnahmung. Ihre Anhänger sollten verstehen, dass Antifaschismus nicht mit einem Kampf gegen den Kapitalismus und dem Kampf gegen das System der Bundesrepublik einhergehen kann. Dabei werden sich Methoden bedient, die eher an ihre Gegenspieler vom rechten Rand erinnern als ein Einstehen für antifaschistische Werte. Solange diese Erkenntnis nicht bei allen Unterstützern der Antifa ankommt, trägt sie ihren Namen zu Unrecht.
Im Format #jungemeinung geben JU-Mitglieder ihre persönliche Meinung wieder, die nicht zwangsläufig mit der Beschlusslage der Jungen Union übereinstimmen muss.