Alle guten Dinge sind drei. Das dachte wohl auch Friedrich Merz, der gestern zum neuen (designierten) CDU-Bundesvorsitzenden gewählt wurde. Zwei Mal hatte er die Wahl zuvor verloren. Zwei Mal gegen zwei Kandidaten, die aus Angela Merkels Umfeld stammen. Merz nannte es das Establishment der CDU, von dem er sich seit seiner Entmachtung als CDU-Fraktionsvorsitzender im Bundestag bewusst verhindert fühlte.
Doch dieses Mal war alles anders. Denn erstmals in der Geschichte der CDU gab es ein Mitgliedervotum über die zur Wahl stehenden Kandidaten um den CDU-Bundesvorsitz. Es ist die Basis, welche die Zukunft der Partei bestimmt hat. Die Basis – da fühlt sich Merz verstanden, hier hat er den Heimvorteil. Das Ergebnis hat ihm Recht gegeben. Bereits im ersten Wahlgang setzte er sich mit klaren 62,1 Prozent gegen seine Konkurrenten Norbert Röttgen mit 25,8 Prozent und Helge Braun mit 12,1 Prozent durch.
Dennoch wird die Personalie Merz in den Führungskreisen der CDU weiterhin kritisch gesehen. Er würde die CDU aus der politischen Mitte weit nach rechts führen führen und wäre in der Breite der Gesellschaft nicht mehr wählbar. Er gilt als aus der Zeit gefallen und zu konservativ. Fest steht auf jeden Fall: Merz wird polarisieren. Aber ist Polarisierung etwas, dass der zerrütteten Partei jetzt guttut? Ja!
Mit Merz als taktführenden Parteivorsitzenden der CDU kann es gelingen, dass die Partei eine Breitenwirkung erzielt. Dies bedeutet nicht, dass Merz 60 Prozent der Deutschen ansprechen wird. Das ist im Pluralismus ohnehin kaum mehr möglich. Doch die Polarisierung, die mit seiner Person einhergeht, kann die CDU in einer Mediendemokratie wie Deutschland wieder erkennbar machen. Denn eines darf nicht außer Acht gelassen werden: die CDU ist jetzt in der Opposition.
An die neue Rolle werden sich viele noch gewöhnen müssen. Doch die neue Rolle bedeutet auch, die neue Regierung kritisch an ihren Taten zu messen. Mit Merz kann es vor allem gelingen zu verhindern, dass sich die FDP in der Regierung zu einer neuen starken liberal-bürgerlichen Partei entwickelt. Gleichzeitig wird er andere Antworten geben als es Scholz tun wird. Der frisch gewählte Kanzler tritt ein schwieriges Erbe an, welches ihm Merkel hinterlässt. In Bereichen der Wirtschafts- und Migrationspolitik kann Merz Sicherheit und Ordnung gegen einen Kanzler aufbieten, der das Land weiter verschulden und große Probleme mit seiner linken Partei haben wird, um einen realpolitischen Umgang in der Migrationspolitik zu finden.
Allerdings muss Merz auch innerparteilich punkten. Bereits im Wahlkampfzwist zwischen CDU und CSU, wer die Union denn nun als Kanzlerkandidat führen sollte, wurde bemerkbar, dass Merz einer der Wenigen sein wird, die Markus Söder in Zukunft etwas entgegensetzen könnten. Bleibt aber noch die Problematik mit Merz‘ Beziehung zum Establishment der Partei. SPIEGEL-Redakteur Veit Medick macht einen interessanten Vergleich zur SPD, wo Scholz zuvor die Kandidatur um den Parteivorsitz gegen Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans verlor. Beide galten als Kandidaten der Basis. „Nur weil sie über das Establishment triumphierten, konnten sie Olaf Scholz der Basis überhaupt als Kanzlerkandidat vermitteln. Obwohl Scholz politisch derselbe war wie vorher, glaubte nach der Nominierung in der SPD niemand, alles werde so wie früher“, so Medick. Die Wahl von Esken und Walter-Borjans hat die SPD erschrocken und gleichzeitig ins Kanzleramt geführt.
Auch wenn davon generell eher abzuraten ist, hier könnte sich die CDU ein Beispiel an der SPD nehmen und etwas gelassener auf die weitere Zukunft blicken blicken. Merz ist nicht aus der Zeit gefallen, sondern bietet andere Antworten, die sich vom Mainstream absetzen. Die CDU würde gut daran tun, den Mainstream der Ampelkoalition zu überlassen und stattdessen den Mut aufzubringen, sich für die Opposition entsprechend personell aufzustellen.
Luca Heinemann, Vorsitzender Stadtverband JU Göttingen
Im Format #jungemeinung geben JU-Mitglieder ihre persönliche Meinung wieder, die nicht zwangsläufig mit der Beschlusslage der Jungen Union übereinstimmen muss.