Unklare Motivationen
Die Stadt Göttingen möchte ein Flüchtlingsheim bauen, um einen architektonischen Teil zum momentanen Kapazitätsproblem beizutragen. Zudem beschlossen die Fraktionen einstimmig, dass Flüchtlinge in Göttingen willkommen sind. So weit so gut. Die Bürger und zukünftigen Wähler, welche von dem Projekt aus der Tageszeitung erfahren haben, werden dieses Engagement bei ihrem nächsten Urnengang sicher würdigen.
Wie allerdings die tatsächliche Planung der Stadt aussieht, davon werden die meisten Bürger nichts erfahren. Die Anwohner in der unmittelbaren Nähe des Flüchtlingsheims dagegen umso mehr. Die Motivation, den Lesern der Tageszeitung glaubhaft machen zu wollen, die Bewohner wären frühzeitig in die Planung miteinbezogen worden, ist unklar.
Die Motivation, das Flüchtlingsheim auf den Zietenterrassen zu erbauen, ebenfalls. Soll hiermit ein politisches Zeichen gesetzt werden, da es sich um ein gut situiertes Viertel handelt? Pläne für Alternativstandorte wurden von der Stadt Göttingen verworfen. Zwar wird ihrerseits immer wieder betont, man verfolge ein dezentrales Konzept, aber im Landkreis soll das Flüchtlingsheim nicht errichtet werden, da die Bewohner auf Grund der schlechten Busverbindung einen Nachteil hätten. Für die Integration, stellt sich da die Frage? Würde diese nicht viel reibungsloser im kleineren, ländlichen Umfeld verlaufen, wo jeder jeden kennt und die Neuankömmlinge schnell in den Fußball- und Gesangsverein miteinbezogen werden könnten? Ganz abgesehen vom Wertverlust, der den Häusern auf den Zietenterrassen durch die Nachbarschaft zu einem Flüchtlingswohnheim droht. Das ehemals von der Stadt als familienfreundliches, ruhiges Wohnviertel ausgewiesene Gebiet wird seinen Charakter massiv ändern und keine weiteren Wertsteigerungen nach sich ziehen.
Die Stadt Göttingen weist sich selbst als Stadt der Wissenschaft aus. Die Motivation, ein Flüchtlingsheim dann aber genau an der Stelle zu erbauen, an der eine Erweiterung der HAWK geplant wird, um somit den Wissenschaftsstandort Göttingen weiter attraktiv zu machen, ist unklar. Eine Verlagerung der Motivation von zukünftigen Studenten, welche der Stadt in Form von zukünftigen Steuerzahlern und Mundpropagandisten für die Ansiedlung neuer Unternehmen dienen, hin zu einem Massenwohnheim, dessen architektonische und bevölkerungsinterne Zukunft mehr als unsicher ist, ist unklar.
Das Betreuungskonzept für die rund 180 Flüchtlinge ist weiterhin ungeklärt. Die immens hohe Zahl an Mitarbeitern, die für eine angemessene Betreuung notwendig wären, lässt sich allein aus Ehrenamtlichen der Stadt, die diese neben ihrem Beruf leisten müsste, nicht decken. Weitere flüchtlings- und pädagogisch Ungelernte für eine Wohnstätte in dieser Größenordnung zu finden, dürfte schwierig werden. Kriminalität sowie die Folgen der Unterschiede in der Kultur und Religion werden bei einem Flüchtlingsheims in derartigen Dimensionen potenziert. Insbesondere ohne Integration.
Für dieses Flüchtlingswohnheim verbleiben somit unklare Motivationen mit einer ungewissen Zukunft.