Heiko Schwarzfeld (65) ist nicht so, wie man sich einen „typischen Tierschützer“ vorstellt.
„Wenn Sie denken, ich ernähre mich nur vegan und in meiner Freizeit streichel ich hauptsächlich Hunde und Katzen, dann liegen Sie damit falsch“ — so leitet er seinen Vortrag über die Tätigkeit als Geschäftsführer des Tierschutzvereins Hannover und ersten Vorsitzenden des Verbands Niedersächsischer Tierschutzvereine e.V. ein.
Der ausgebildete Kaufmann ist für eine Vielfalt an Aufgaben zuständig; etwa zu verwalten, den Überblick über die Finanzierung und Tierschutzregelungen zu behalten sowie an verschiedenen Stellen zu beraten, wenn es nötig ist. Er achtet darauf, wirtschaftliche Rationalität mit seiner Liebe für Mensch, Umwelt und Tier in Einklang zu bringen: Mit einem Jahresetat von 2,5 Millionen Euro, der sich aus den Beiträgen von 12.500 Mitgliedern, Spenden, Strafzahlungen und sogar Erbschaften zusammensetzt, gilt es, verantwortungsvoll umzugehen.
Und so bekommt er Einblick in Dinge, die erst einmal keinen Eingang in die Öffentlichkeit finden. „Erfolge treten bei Problemen im Tierschutz vor allem dann ein, wenn sie mediale Aufmerksamkeit bekommen“, sagt er, und deswegen wissen die vielen Leute wahrscheinlich auch nicht, welche immensen Auswirkungen Hühnermastbetriebe auf die Feinstaubbelastung haben.
Dafür wissen genug Menschen vom Fall „Chico“, dem Hund, der eine Mutter und ihren Sohn umgebracht haben soll. Neben lokaler Berichterstattung, Verbreitung über das Internet haben auch die „Zeit“ und die „New York Times“ über ihn geschrieben.
Chico hat seine letzten Tage im Tierheim Hannover verbracht. Als man ihn hat einschläfern lassen, wurde Heiko Schwarzfeld dafür verantwortlich gemacht — als Mörder hat man ihn bezeichnet, er selbst hat Morddrohungen erhalten. Zwischenzeitlich sah er sich dazu gezwungen, den Facebook-Account des Tierheims zu deaktivieren. Schwarzfeld erinnert sich: „Das war ein regelrechter Shitstorm“.
Dabei hätte auch sein Veto zur Einschläferung gar keine Auswirkungen gehabt, weil drei weitere Stimmen sich dafür ausgesprochen haben.
Was zu dem tragischen Ereignis geführt hat, ist bis heute unbekannt. Doch nach zwanzig Jahren Erfahrung im Tierschutz ist sich Heiko Schwarzfeld sicher: Das Problem liegt am oberen Ende der Leine. Mit dem sogenannten „Hundeführerschein“ sollte zwar die Eignung zur Hundehaltung gesichert werden. Der ist allerdings erst seit Juli 2013 in Niedersachsen verpflichtend — womit Mutter und Sohn durch das Raster gefallen sind, weil Chico schon 2009 bei ihnen wohnte. Das Gerücht, dass das Tier tagelang in einem Käfig gefangen gehalten worden sei, sei „eine Mär“, und für die im Rollstuhl sitzende Frau habe er einen wichtigen Sozialpartner dargestellt.
Es hätte nicht so enden müssen. Damals hat man hat ihn eigens zum Schutz der Familie angeschafft, er hat seither weitestgehend isoliert gelebt.
Kontakt zu Artgenossen hätte vielleicht dazu beigetragen, ihn zu resozialisieren. Die Stadt Hannover hätte sorgfältiger bei der Überprüfung sein können, wie man mit ihm umgeht.
Chico ist ein Einzelfall. Allerdings bleibt er das wahrscheinlich auch: Seit Einführung des Hundeführerscheins gibt es viel weniger Vorfälle, die durch falsche Hundehaltung verursacht wurden.