Der Vorstoß von Annegret Kramp-Karrenbauer, eine „allgemeine Dienstpflicht“ als Teil einer Erneuerung der Grundsatzposition der CDU zu etablieren, hat eine kontroverse Debatte entfacht.
Die Wehrpflicht ist nur ausgesetzt und könnte recht schnell wieder geltend gemacht werden, gilt aber weder als zeitgemäß noch durchsetzbar. Bei einer allgemeinen Dienstpflicht hieße es, auch Frauen teilhaben zu lassen und das „Angebot“ auch auf andere Bereiche auszuweiten: Es werde damit eine Antwort auf den demografischen Wandel und eine Lösung gegen den Fachkräftemangel sowohl in Blaulicht- und Hilfsorganisationen als auch in der Bundeswehr geboten.
So scheint es. Denn auch in einer konservativen politischen Jugendorganisation scheiden sich die Geister in dieser Frage, und das aus gutem Grund. Wer sollte darüber diskutieren, wenn nicht wir.
Es ist nämlich nicht nur fraglich, ob etwa für die Bundeswehr die Kapazitäten ausreichen — oder das eine Jahr in der Ausbildung. Die Ahnung, dass sich dahinter der Wunsch nach günstiger Arbeitskraft verbirgt, bleibt als Geschmäckle. Dennoch: Björn Römermann, Kreisorganisationsleiter des Reservistenverbandes Göttingen und gestern unser Gast, erzählt von Mangel an Nachwuchs. Er bestätigt die Notwendigkeit einer Dienstpflicht, für die sich der Reservistenverband schon seit 2015 ausspricht; ähnlich der Idee eines verpflichtenden Gesellschaftsjahrs, die die JU Deutschlands angestoßen hat.
Denn die vielleicht zentralste, umtriebigste und gleichzeitig banalste Frage, die sich in der Debatte auftut, ist, wie viel ein Staat sein — und fordern darf. Er unterliegt einer Fürsorgepflicht, was auf der einen Seite bedeutet, dass er für Schäden haftet, die während eines solchen Jahres auftreten können und er somit ein Risiko eingeht. Auf der anderen Seite besteht eine Fürsorgepflicht auch darin, Nächstenliebe, Verantwortungsbewusstsein und Zusammenhalt zu vermitteln. Bevormundung ist bis zu einem gewissen Grad ein Privileg, und das Prinzip des Geben-und-Nehmens gilt auch hier.
Nur: Es ist genauso gut möglich, dass das Gegenteil eintrifft. Kinder werden heute sehr früh und sehr explizit zur Eigenständigkeit erzogen; und nach der Schulausbildung eine weitere Verpflichtung einzugehen, kann eine abschreckende Wirkung haben. Stattdessen ließen sich berufliche Anreize etwa in Form anrechenbarer Wartesemester setzen oder die Berufe attraktiver ausgestalten. Die Hilfe würde im besten Fall aus intrinsischer Motivation geschehen.
„Wir, die wir hier sitzen, können nicht darüber entscheiden, ob die Dienst- oder Wehrpflicht eingeführt wird — aber mit solchen Treffen leisten wir einen erheblichen Beitrag für die Demokratie, Gesellschaft und unser Gefühl für Zusammenhalt“, meint Römermann am Ende der Sitzung. Gute Worte, um eine schwer zu beantwortende Diskussion zu schließen.